Die Stiftung St. Beatus versteht sich vor allem als Lebens-Raum für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, der auch Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Grundvoraussetzung für alle Wohn- und Lebensformen in der Stiftung St. Beatus sind eine minimale Absprachefähigkeit sowie keine akute Selbst- oder Fremdgefährdung.
Die derzeit bis zu 25 Bewohner*innen wohnen in Einzelzimmern in einer von sechs Wohnformen in zwei Häusern sowie Aussenwohnungen der Institution. Die Formen des Zusammenlebens ergeben sich aus den Bedürfnissen der jeweils auf einem Stock bzw. in einem Haus zusammenlebenden Menschen. Es entstehen Wohngemeinschaften, keine Wohngruppen. Art und Intensität individueller Assistenz sowie die Gestaltung des Lebensumfeldes und der Abläufe orientieren sich in erster Linie an den Bedürfnissen und der Autonomie der Bewohnenden und beziehen milieutherapeutische Gesichtspunkte mit ein. Es besteht ein Nachtpikettdienst. Austretenden Bewohner*innen bietet die Stiftung eine individuell zu vereinbarende Nachbetreuung an.
Grundlegend für die Assistenzarbeit sind die im Leitbild formulierten Erkenntnisse, Werte und Ziele. Die Verantwortung für eine angemessene Assistenz der Bewohnenden liegt in den Händen der Bezugspersonen aus den beiden Wohngruppenteams. Sie sprechen Ausmass und Ziele assistierender Unterstützung in Zukunftsplanungs- und Standortgesprächen mit den Bewohnenden und deren unterstützendem Umfeld ab. Als Fortbildungs-, Beratungs- und Reflexionsorgane dienen den Bezugspersonen Team-Sitzungen, Gesamtmitarbeiter*innen-Sitzungen sowie Teamtage, Fall-Intervisionen und -Supervisionen. Die Assistenzdienstleistung erfolgt durch Personal der Stiftung.
Wechsel zwischen den Wohnformen sind möglich. Bewohnende haben jederzeit das Recht, einen Wechsel zu beantragen. Der Antrag wird in dem/den betroffenen Teams vorbesprochen und in der Leitungs-Sitzung behandelt. Kriterien für die Zuteilung sind:
- die Wünsche/Bedürfnisse des Bewohners/der Bewohnerin,
- die Anforderungsprofile je Wohnform
- agogische und soziale
- sowie betriebliche Gesichtspunkte.
Der Entscheid wird dem/der antragstellenden Bewohner*in von der Bezugsperson mitgeteilt und begründet. Der Anstoss kann auch von der Institution ausgehen (Bezugsperson, Wohngruppenteam, Institutionsleitung); Wechsel aus rein betrieblichen Notwendigkeiten bilden die Ausnahme.
Freie Arzt- und Therapeut*innenwahl ist gewährleistet, auch werden die Bewohner*innen der Stiftung in ihrer Mobilität grundsätzlich nicht eingeschränkt. Bei Unstimmigkeiten, Zweifeln und Fragen können sich Bewohner*innen der Stiftung jederzeit an die interne Meldestelle für ausserordentliche Vorfälle, in Konfliktfällen auch an die Ombudsstelle für Alters-, Betreuungs- und Heimfragen des Kantons Bern wenden.
In Krisensituationen wird die Assistenz den sich verändernden Bedürfnissen laufend angepasst und soweit nötig und möglich intensiviert. In ausserordentlichen Standort-Bestimmungen wird das unterstützende Umfeld noch enger eingebunden (siehe „3.2.1 Vorgehen bei agogischen Krisen“). Für den Umgang mit Notsituationen besteht ein Konzept, in dem auch die Abläufe geregelt sind, die zu einer allfälligen Einweisung in eine psychiatrische Klinik führen („3.2.5 Psychiatrische Notfälle“).
Angebot
Die Stiftung bietet folgende sechs Wohnformen an:
Wohngemeinschaft 1 für Menschen mit starker Angstproblematik und/oder anderweitig höherem Assistenzbedarf – im ersten Stock Bühlweg 2 («Berghaus»):
Diese Wohngemeinschaft ist ein niederschwelliges Angebot für erwachsene Menschen mit psychischer Beeinträchtigung und zum Teil leichten kognitiven Einschränkungen.
Voraussetzungen für eine Aufnahme sind:
- Bereitschaft und Fähigkeit, mit sehr unterschiedlichen Menschen in derselben Wohngemeinschaft zusammenzuleben, deren Kommunikation zum Teil erschwert ist.
- Bereitschaft und Fähigkeit, sich nach Möglichkeit am gemeinsamen Haushalt zu beteiligen (eigene Zimmer und Gemeinschaftsräume auf dem Stockwerk).
- Körperpflege überwiegend selbständig, ev. assistiert.
Wohngemeinschaft 2 für mobilitätseingeschränkte, ruhebedürftige Menschen und solche mit moderatem Pflegebedarf – im EG Bühlweg 6 («Seehaus»):
Die Aufnahme in die Wohngemeinschaft erfolgt nach einer individuellen Lagebeurteilung.
Voraussetzungen für eine Aufnahme:
-
- Individuell festgestellter Bedarf.
Die Begleitung der Sozialprozesse der Wohnangebote 1 und 2, Krisenmoderation, Bezugspersonenarbeit und individuelle Assistenz obliegt einem interdisziplinär zusammengesetzten Team (Team 1).
Wohngemeinschaft 3 für Menschen, die individuell assistiert, weitgehend selbstbestimmt mit anderen Menschen zusammenleben möchten – im zweiten Stock Bühlweg 2 („Berghaus“):
Die Wohngemeinschaft besitzt «familiäres Flair», erlaubt aber auch individuellen Rückzug.
Voraussetzungen für eine Aufnahme sind:
-
- Die Bereitschaft, an Gemeinschaftsaktivitäten teilzunehmen,
- zu kommunizieren und Konflikte konstruktiv zu lösen,
- sowie einen individuell zu bestimmenden Teil der Gemeinschaftsaufgaben (Haushaltsführung) zu übernehmen.
Assistiertes Einzel-Wohnen in geschütztem Rahmen («Wohnhaus» mit Einzelstudios- und Zimmern) – im Bühlweg 6 („Seehaus“):
Die Stiftung verfügt im ersten und zweiten Stock Bühlweg 6 über Zimmer und Studios, in denen Bewohner*innen unter dem schützenden Dach der Gemeinschaft individuell assistiert weitgehend selbstständig leben können.
Voraussetzungen für eine Aufnahme sind:
-
- Weitgehende Selbständigkeit in lebenspraktischen Verrichtungen,
- selbstständige Körperpflege,
- Selbst-Verpflichtung, den eigenen Haushalt zu führen.
Wo nötig assistieren wir dabei.
Wohngemeinschaft 5 wo nötig assistiert autonom lebender Menschen – im zweiten Stock Bühlweg 6, («Seehaus»):
Menschen, die weitgehend autonom, aber nicht alleine leben wollen, bietet die Stiftung im zweiten Stock Bühlweg 6 eine grosszügige Wohnung für bis zu drei Personen.
Voraussetzungen für eine Aufnahme sind:
-
- Selbständigkeit in lebenspraktischen Verrichtungen,
- selbstständige Körperpflege,
- Bereitschaft, mit anderen in einer Wohnung zusammenzuleben,
- Bereitschaft, zu kommunizieren und Konflikte konstruktiv zu lösen.
- Selbst-Verpflichtung und Fähigkeit, die selbst bewohnten sowie gemeinschaftlich genutzten Räume zu pflegen.
Wo nötig assistieren wir dabei. - Zustimmung der bestehenden Bewohner*innen.
Aussenwohnungen in Sigriswil und näherer Umgebung für Menschen, die assistiert allein wohnen wollen und die Sicherheit eines institutionellen Auffangnetzes brauchen:
Voraussetzungen für eine Aufnahme sind:
-
- Selbständigkeit in lebenspraktischen Verrichtungen,
- selbstständige Körperpflege,
- Selbst-Verpflichtung und Fähigkeit, den eigenen Haushalt zu führen.
Wo nötig assistieren wir dabei.
Bezugspersonenarbeit, individuelle Assistenz, die Begleitung der Sozialprozesse (Wohnangebot 3) sowie Krisenmoderation in den Wohnangeboten 3 bis 6 obliegt einem interdisziplinär zusammengesetzten Team (Team 2).
Aussenwohnungen
Bewohner*innen in Aussenwohnungen gelten als intern wohnend mit gleichen Rechten und Pflichten wie die übrigen Bewohner*innen. Die Stiftung mietet die Wohnungen an und stellt den Bewohner*innen darin Wohnraum zur Verfügung. Der Wohnraum entspricht grundsätzlich auch in Aussenwohnungen den «Mindestanforderungen an Raumprogramm und Hindernisfreiheit von Institutionen für erwachsene Menschen mit Behinderungen», orientiert sich aber in erster Linie an den konkreten Bedürfnissen der dort lebenden Bewohner*innen. Hindernisfreiheit kann bei angemieteten Wohnungen nicht garantiert werden.
Die Bewohner*innen von Aussenwohnungen werden vom Personal des Teams 2 assistiert. Sie haben wie alle anderen Bewohner*innen auch eine Bezugsperson sowie deren Stellvertreter*in als Hauptansprechpartner*innen. Während der Dienstzeiten sind die Mitglieder von Team 2, in Notfällen auch die Mitglieder von Team 1 für die Bewohnenden telefonisch jederzeit erreichbar, nachts der Pikettdienst der Institution.
Mindestens einmal pro Woche werden die Bewohnenden in der Aussenwohnung aufgesucht, bei Bedarf auch öfter bis zu täglich. Die Beteiligung der in Aussenwohnungen lebenden Bewohner*innen an Mahlzeiten und sonstigen von der Stiftung angebotenen Aktivitäten wird individuell abgesprochen. Ebenso die Beteiligung an der Tagesstruktur/dem Arbeitsangebot der Stiftung, in das auch Bewohner*innen der Aussenwohnungen grundsätzlich eingebunden bleiben.
Den Bewohner*innen von Aussenwohnungen steht ein stets bezugsbereites Krisenzimmer auf dem Gelände der Institution zur Verfügung, in das sie bei Bedarf jederzeit ohne Vorlaufzeit umziehen können.